Beratung und Vertretung in Strafverfahren benötigen Menschen mit FASD bereits ab ihrem ersten Kontakt mit der Polizei, unabhängig davon, ob als Opfer oder als mutmaßlicher Täter einer Straftat. Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes lautet: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Es ist anwaltliche Pflicht, dieses Diskriminierungsverbot  auch in strafrechtlichen Verfahren zum Schutz von Mandanten mit FASD kompromisslos durchzusetzen. Ein professioneller Beistand, der nicht nur juristische, sondern gleichzeitig auch FASD-spezifische Kompetenz in einer Person vereint, weiß, was zu tun ist. Von Anfang an ist Sorge dafür zu tragen, alle Weichen richtig zu stellen. Die rechtliche Vertretung von Menschen mit FASD unterscheidet sich in Strafverfahren immer grundlegend von der sonst üblichen anwaltlichen Sachbearbeitung.

Die gravierenden Auswirkungen ihrer cerebralen Beeinträchtigungen können Menschen mit FASD prädestinieren, in strafrechtlich relevante Situationen zu geraten.

Einerseits werden sie dadurch leicht zu Opfern von Straftaten und zahlreiche Fragen zu rechtlichen Themen stellen sich, auch zu juristischen Fachbegriffen wie Nebenklage, Adhäsionsverfahren, Opferanwalt, Opferschutzgesetz, und viele mehr. Die FASD-spezifische individuelle rechtliche Beratung beantwortet diese Fragen und zeigt auf, welche Rechte und Ansprüche Menschen mit FASD als Opfern von Straftaten zustehen, um sie zu schützen und zu unterstützen.

Werden Menschen mit FASD Zeugen von Straftaten oder Opferzeugen und in dieser Eigenschaft mit der Justiz konfrontiert, gilt das gleiche.

Andererseits können ihre besonderen Beeinträchtigungen Menschen mit FASD in Konflikt mit dem Strafgesetz geraten lassen. Im Fokus der auf FASD spezialisierten Verteidigung steht die Gewährleistung eines fairen Verfahrens mit einem angemessenen und sachgerechten Abschluss. Für Beschuldigte, Angeschuldigte oder Angeklagte mit FASD versteht sich ein faires Verfahren nicht von selbst. FASD ist bei Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen für Laien unsichtbar. Dafür ist nicht entscheidend, ob eine Diagnose vorliegt oder nicht. Dieser Unterschied ist vielmehr entscheidend für die Verteidigungsstrategie. Die Unsichtbarkeit der Behinderung durch FASD erfordert in jedem einzelnen Verfahrensabschnitt einschlägige Kenntnisse und differenzierte Maßnahmen. Auf der Seite der Justiz besteht in Bezug auf FASD trotz der hohen Zahl Betroffener immer noch ein solides Informationsdefizit. Oberstes Ziel ist es seitens der Verteidigung deshalb stets, in einem strafrechtlichen Verfahren ab dem frühestmöglichen Stadium so zu agieren, wie es im konkreten Einzelfall FASD-bedingt gebotenen ist.